Herzlich willkommen auf der Webseite der Refugee Law Clinic Göttingen e.V.!
Veranstaltungsreihe 2025 – Herzliche Einladung an alle Interessierten!
Am 17. Mai findet vor dem alten Rathaus von 11-15 Uhr eine Protestaktion mit dem Thema „Migration: Faktencheck“ statt.
Am 10. Juni um 18 Uhr im ZHG (Zentrales Hörsaalgebäude am Zentralcampus, Platz der Göttinger 7) findet die letzte Veranstaltung, eine Podiumsdiskussion, statt.
Wir freuen uns auf Euer Kommen!
Faktencheck Migration
1. „Migration ist völlig außer Kontrolle geraten“
Diese Behauptung hält einem Blick auf die Fakten nicht stand. Laut Frontex wurden im Jahr 2024 insgesamt 238.626 illegale Grenzübertritte in die Europäische Union registriert – ein deutlicher Rückgang im Vergleich zu 2023, als noch 380.227 solcher Fälle gezählt wurden. Das entspricht einer Abnahme von rund 38 % innerhalb eines Jahres. Ferner muss man hierbei auch noch bedenken, dass im Jahr 2023 ca. 3,74 Millionen Menschen auf legalem Wege in die EU ein. Damit erfolgten rund 91 % der Zuwanderung nach Europa (2023) regulär und kontrolliert, während nur 9 % auf die unkontrollierte Migration entfielen. Diese Daten zeigen somit deutlich, dass die Einwanderung nach Europa zum größten Teil regulär und kontrolliert verläuft. Dennoch liegt der öffentliche Fokus oft, verstärkt durch mediale Berichterstattung, stark auf irregulärer Migration, was zu einer Überschätzung dieses Phänomens führt.
(Quellen (Stand 12.05.25): https://www.frontex.europa.eu/what-we-do/monitoring-and-risk-analysis/migratory-routes/migratory-routes/, https://commission.europa.eu/strategy-and-policy/priorities-2019-2024/promoting-our-european-way-life/statistics-migration-europe_en#migration-to-and-from-the-eu, https://www.bosch-stiftung.de/de/storys/6-mythen-ueber-migration)
2. „Europa bzw. Deutschland nimmt die meisten Geflüchteten auf“
Auch diese Annahme hält einem Faktencheck nicht stand. Weltweit werden etwa 75 % aller Geflüchteten von Ländern mit niedrigem oder mittlerem Einkommen aufgenommen. Zudem leben 69 % der Geflüchteten in Nachbarstaaten ihrer Herkunftsländer. In der EU halten sich beispielsweise nur 9 % der weltweit geflohenen Personen auf. Zwar hat Deutschland innerhalb der EU in absoluten Zahlen die meisten Geflüchteten aufgenommen, doch im Verhältnis zur Einwohnerzahl liegen andere Länder deutlich vorn: So leben in Zypern 78,6 geflüchtete Personen pro 1.000 Einwohner, in Tschechien 36,1 während es in Deutschland lediglich 35,5 sind. Damit ist Deutschland auch innerhalb der EU nicht das Land mit den meisten Geflüchteten gemessen an der Bevölkerungszahl.
(Quellen (Stand 12.05.25): https://www.unhcr.org/global-trends-report-2023, https://www.unhcr.org/global-trends-report-2023, https://de.statista.com/infografik/18439/fluechtlinge-und-asylbewerber-in-eu-laender/)
3. „Migranten vergreifen sich an unseren Frauen“
Diese pauschalisierende Behauptung entbehrt jeder faktischen Grundlage. Studien zeigen, dass die Täter in Fällen sexualisierter Gewalt in über 75 % der Fälle aus dem nahen sozialen Umfeld der Opfer stammen, also Familie, Nachbarschaft, Partnerschaften oder Kollegenkreis. Viele dieser Taten werden aus Scham oder Angst nicht angezeigt, nur etwa 8 % finden überhaupt Eingang in die Kriminalstatistik. Zudem sind polizeiliche Ermittlungsstatistiken kein objektiver Spiegel gesellschaftlicher Realität, da sie stark vom Anzeigeverhalten und den polizeilichen Ermittlungsprioritäten abhängen die ihrerseits häufig durch gesellschaftliche Vorurteile oder strukturellen Rassismus beeinflusst werden. Sexualisierte Gewalt ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, das nicht auf eine bestimmte Herkunft oder Bevölkerungsgruppe reduziert werden kann.
(Quellen (Stand 12.05.25): https://www.bka.de/SharedDocs/Kurzmeldungen/DE/Kurzmeldungen/241119_BLBStraftatengegenFrauen2023.html?utm_source=chatgpt.com, https://www.kas.de/en/web/die-politische-meinung/artikel/detail/-/content/im-zahlenwirrwarr?utm_source=chatgpt.com, https://mediendienst-integration.de/artikel/ermittlungen-sind-anfaellig-fuer-rassismus.html?utm_source=chatgpt.com)
4. „Geflüchtete machen Deutschland unsicher“
Der verbreitete Eindruck, Migration führe zu mehr Kriminalität, ist empirisch nicht belegbar. Studien zeigen, dass sich keine signifikante Korrelation zwischen der Zahl von Menschen mit Migrationshintergrund in einer Region und der Entwicklung der dortigen Kriminalitätsrate nachweisen lässt. Viel entscheidender ist die Art der medialen Berichterstattung: Häufig wird bei Straftaten mit nicht-deutschen Tätern deren Nationalität genannt, während bei deutschen Tätern oft nicht erwähnt wird, dass es sich um deutsche Staatsbürger handelt. So entsteht ein verzerrtes Bild, wonach nicht-deutsche Täter den Großteil der Straftaten begehen, was jedoch nicht der Realität entspricht.
(Quellen (Stand 12.05.25): https://www.ifo.de/publikationen/2025/aufsatz-zeitschrift/steigert-migration-die-kriminalitaet-ein-datenbasierter-blick)
5. „Die deutsche Kultur geht zugrunde“
Diese Behauptung basiert auf einem romantisierenden und historisch unhaltbaren Bild einer „reinen“ deutschen Kultur oder eines homogenen deutschen Volkes. Die Menschheitsgeschichte und damit auch die deutsche Geschichte ist seit jeher von Migration geprägt. Unsere Vorfahren wanderten vor Tausenden von Jahren aus Ostafrika über andere Erdteile nach Europa. Spätestens seit der Völkerwanderung ist kultureller Austausch Normalität. Auch Deutschland war nie ein abgeschlossenes Kulturgebilde: Im 18. und 19. Jahrhundert flohen Millionen Deutsche vor Verfolgung nach Russland und Amerika; im Kaiserreich und zur Zeit der Industrialisierung war Deutschland auf die Arbeitskraft polnischer Zuwanderer angewiesen. Während der NS-Zeit wurden Millionen von Menschen verfolgt und ermordet unter dem Vorwand, sie seien eine Bedrohung für eine angebliche „Volksgemeinschaft“. Noch heute lebt diese Vorstellung in der Rhetorik von der „Überfremdung“ fort. Dabei wurde Deutschland spätestens mit der Anwerbung von Gastarbeiter*innen in der Nachkriegszeit faktisch zu einem Einwanderungsland.
(Quellen (Stand 12.05.25): https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/izpb/sozialer-wandel-in-deutschland-324/198020/migration-und-integration/?utm_source=chatgpt.com, https://www.deutschlandfunkkultur.de/hugenotten-gastarbeiter-einwanderer-eine-kurze-geschichte-102.html?utm_source=chatgpt.com, https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/glossar-migration-integration/270369/gastarbeiter/?utm_source=chatgpt.com, https://www.lpb-bw.de/anwerbeabkommen-tuerkei?utm_source=chatgpt.com)
6. „Flüchtlinge kosten zu viel Geld!“
Asylbedingte Kosten und flüchtlingsbezogene Ausgaben beliefen sich im Jahr 2023 auf rund 16 Milliarden Euro. Das entspricht lediglich 3,5 % des Bundeshaushalts in Höhe von 457,6 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Der Schaden für den deutschen Staat durch den Cum-Ex-Steuerskandal beläuft sich auf mindestens 33 Milliarden Euro. Auch andere Posten im Bundeshaushalt verursachen deutlich höhere Kosten als flüchtlingsbezogene Ausgaben: beispielsweise klimaschädliche Subventionen: Allein das sogenannte Dienstwagenprivileg belastet den Staat mit etwa 8,1 Milliarden Euro, die Pendlerpauschale schlägt mit rund 5,5 Milliarden Euro zu Buche, und Dieselsubventionen verursachen weitere 11,9 Milliarden Euro. Zusammengenommen ergeben diese Maßnahmen jährliche Kosten von 25,6 Milliarden Euro, also deutlich mehr als für Flüchtlinge aufgewendet wird. Zudem kommen flüchtlingsbezogene Ausgaben auch der deutschen Gesellschaft zugute: etwa durch Investitionen in Bildung, Integrationsmaßnahmen oder den Ausbau kommunaler Infrastruktur. Sie stellen somit nicht nur eine Belastung, sondern auch eine Investition in die Zukunft dar.
(Quellen (Stand 12.05.25): https://www.bpb.de/themen/migration-integration/zahlen-zu-asyl/265776/asylbedingte-kosten-und-ausgaben/, https://www.uno-fluechtlingshilfe.de/informieren/faktencheck, https://www.kanzleimauss.de/wie-funktioniert-ein-cum-ex-geschaeft/, https://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/diesel-pendlerpauschale-dienstwagen-klimaschaedliche-subventionen-kosten-den-bund-23-5-milliarden-euro-a-b36927e9-1862-4ad7-8782-6144c0ff2656)
7. „Flüchtlinge kommen nur, um vom deutschen Sozialstaat zu profitieren und kriegen mehr als Deutsche”
Tatsächlich erhalten Asylsuchende weniger staatliche Unterstützung als deutsche Bürger*innen. Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sind geringer als das Bürgergeld und decken gerade einmal die Grundbedürfnisse: Während der Regelbedarf bei Bürgergeld für Alleinstehende momentan 563 Euro im Monat beträgt, erhalten Alleinstehende Asylsuchende höchstens 441 Euro. Erst anerkannte Schutzsuchende haben bei Bedürftigkeit die gleichen Ansprüche auf Sozialleistungen wie deutsche Staatsangehörige.
(Quellen (Stand 12.05.25): https://www.uno-fluechtlingshilfe.de/informieren/faktencheck#:~:text=Doch%20halten%20diese%20Vorurteile%20einem%20Faktencheck%20wirklich%20stand%3F,die%20meisten%20Fl%C3%BCchtlinge%20auf.%E2%80%9C%20Die%20Aussage%20ist%20falsch, https://www.bmas.de/DE/Arbeit/Grundsicherung-Buergergeld/Leistungen-und-Bedarfe-im-Buergergeld/leistungen-und-bedarfe-im-buergergeld.html, https://edoc.hu-berlin.de/bitstream/handle/18452/28561/BIM_wp_2_Mueller.pdf, https://www.bmas.de/DE/Soziales/Sozialhilfe/LeistungenAsylbewerberleistungsgesetz/leistungssaetze-asylbewerberleistungsgesetz.html)
8. „Mit den Sozialleistungen werden Rücküberweisungen ins Herkunftsland getätigt”
Es gibt keine Evidenz, keine einzige vorliegende Statistik, dass Sozialleistungen in nennenswertem Umfang in Herkunftsländer zurückgesendet werden. Die unter dem Regelsatz der Sozialhilfe liegenden Leistungen im Asylbewerberleistungsgesetz sind so gering, dass Asylsuchenden davon so gut wie überhaupt nichts übrig bleibt.
(Quellen (Stand 12.05.25): https://www.diakonie.de/informieren/infothek/2024/februar/faktencheck-bezahlkarte; https://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/bezahlkarten-bundesregierung-weiss-nicht-wieviel-geld-asylsuchende-in-die-heimat-ueberweisen-a-0676bdd4-4da1-4036-9127-d37679cbf12)
9. „Die Ausländer nehmen uns Deutschen die Jobs weg.”
Menschen mit Migrationshintergrund sind mittlerweile ein wichtiger Bestandteil unserer Gesellschaft und arbeiten zu einem Großteil in Bereichen, die dringend Personal suchen. Sie unterstützen die deutsche Wirtschaft und helfen dabei, den Sozialstaat aufrechtzuerhalten. Die Menschen nehmen den Deutschen also keine Arbeit weg, sondern unterstützen den Staat und die Bevölkerung wie alle anderen Arbeitenden auch.
(Quellen (Stand 12.05.25): https://www.iwkoeln.de/presse/pressemitteilungen/fabian-semsarha-sarah-pierenkemper-lydia-malin-auslaender-halten-die-wirtschaft-in-ostdeutschland-am-laufen.html; https://www.iwkoeln.de/studien/sarah-pierenkemper-fabian-semsarha-lydia-malin-zwei-millionen-auslaendische-fachkraefte-in-engpassberufen.html)
10. „Wenn wir in Deutschland schlechtere Bedingungen für Flüchtlinge schaffen, werden auch weniger nach Deutschland kommen wollen”
Diese Idee von „Anreizen”, wie Sozialleistungen und Arbeitsplätze, die Geflüchtete nach Deutschland „ziehen“, geht auf die sog. “Push-und Pull-Faktor-Theorie” des Soziologen Everett Lee aus dem Jahr 1966 zurück und ist mittlerweile wissenschaftlich widerlegt. So konnten z.B. bei einer Studie der HU Berlin, bei der Migrationsdaten für 160 Länder aus verschiedenen Jahren ausgewertet wurden, keine Anziehungseffekte von höheren Sozialleistungen gefunden werden. Die Theorie, mit der auch beispielsweise die Einführung der Bezahlkarte gerechtfertigt wird, ignoriert die Komplexität von Fluchtentscheidungen und reduziert diese auf rein wirtschaftliche Gründe. Dabei wollen Menschen aus ganz unterschiedlichen Gründen in andere Länder ziehen: Faktoren dafür sind die Größe und Wirtschaftsleistung eines Landes, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, die Einhaltung von Menschenrechten, Frieden und Sicherheit und auch die Sprache und eine geografische Nähe.
(Quellen (Stand 12.05.25): https://www.tagesschau.de/faktenfinder/kontext/migration-push-pull-faktoren-101.html; https://mediendienst-integration.de/artikel/demokratie-ist-ein-pull-faktor.html; https://www.augsburger-allgemeine.de/bayern/interview-kommen-wegen-der-bezahlkarte-weniger-fluechtlinge-nach-deutschland-id69523976.htm)
11. „Wir sollten uns auf die Bekämpfung von Fluchtursachen konzentrieren, um Migration zu stoppen”
Auf den ersten Blick erscheint dies wie eine naheliegende Lösung. Jedoch wird diese Idee bereits seit den 1990er-Jahren verfolgt, eingedämmt wurde Migration dadurch bisher allerdings nicht. Ein Grund dafür ist unter anderem, dass viele Menschen nicht nur aus finanziellen Gründen ein Land verlassen: Laut dem UNHCR Global Trends Report zu 2023 kamen 73% der Geflüchteten aus Afghanistan, Syrien, Venezuela, der Ukraine und dem Sudan. Sie flohen also vor allem vor Krieg und Menschenrechtsverletzungen. Maßnahmen, die auf die Förderung des Wirtschaftswachstums und die Bekämpfung von Armut in einzelnen Ländern gerichtet sind, verhindern Migration also in den meisten Fällen nicht. Vielmehr fliehen Menschen häufig aus langjährigen Kriegsgebieten oder Ländern, in denen sie diskriminiert werden. Lösungen solcher Konflikte und die Herstellung von globalem Frieden sind jedoch kompliziert und somit gibt es keine einfache Möglichkeit, Fluchtursachen konkret und effektiv zu bekämpfen.
(Quellen (Stand 12.05.25): https://www.caritas.de/fuerprofis/fachthemen/migration/fluchtursachen-zu-bekaempfen-stoppt-nicht-die-migration-eb3a7e18-df7f-477c-96d7-4d3ad27fb334; https://www.unhcr.org/global-trends-report-2023)
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Neues Aufenthaltsrecht für Geduldete von Niedersachsen/ möglicherweise auch vom Bundestag
Info vom Migrationszentrum in Göttingen für Flüchtlinge aus der Ukraine
Deutsch/Ukrainisch
Aktuelle Informationen zu Ausreisemöglichkeiten aus Afghanistan findet ihr hier auf der Seite des Niedersächsischen Flüchtlingsrats.